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Brief vom 27. Mai 1716

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


777.


[027]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Londre.

Paris den 27 May, umb 3 nach mitternacht (N. 79).
Hertzallerliebe Louisse, ich bin heütte so geplagt worden, daß ich ohnmoglich vor dem nachteßen hab können ahn die printzes von Wallis, noch mein dochter schreiben, alß nach 10 abendts, undt ich habe 6 bogen ahn mein dochter undt 18 ahn die printzes geschrieben. Aber solte ich auch bey hellen sonnenschein nach bett gehen, so will ich Eüch doch schreiben, liebe Louisse, undt meinen geburdtstag mitt Eüch ahnfangen. Ich habe gestern Ewer liebes schreiben vom 20/10 May entpfangen sambt den beylagen von dem armen narren, dem Langallerie, welche mich von hertzen haben lachen machen; dancke Eüch sehr davor. Morgen werde ich nach St Clou, dort zu bleiben, biß madame d’Orleans ins kindtbett kompt; hoffe, dort mehr zeit zu finden undt nicht mehr die gantze nacht biß ahm hellen tag zu schreiben. Die printzes findt mein uhr heßlich undt ich findt sie artig, kompt mir auch von lieber handt, den mein tochter hatt mir sie geben. Danke Eüch, liebe Louisse, vor alle vorsorg, so Ihr mitt gehabt habt. Ich glaube, Ihr werdet so geschafftig sein, alß ein mauß im kindtbett, mitt Ewerer kintauff. Gott gebe Eüch alles vergnügen, [liebe] Louisse! Ich gehe nach bett, nachdem ich Eüch versichert, daß ich Eüch in meinen 65 jahr, wo ich in trette, Eüch so lieb behalten werde, alß ich im 64 gethan, so ich ablege. Gutte tag! den gutten nacht kan man ahm hellen tag nicht sagen. Ich ambrassire Eüch von hertzen.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Mai 1716 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 27
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0777.html
Änderungsstand:
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