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Brief vom 9. Dezember 1717

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


871.


[143]
Paris den 9 December 1717 (N. 31).
Hertzallerliebe Louisse, dießen abendt, wie ich eben ins opera habe gehen wollen, hatt man mir Ewere 2 brieff auff einmahl gebracht, vom 23 undt 28 November. Ich kan kaum auff einen von beyden andtwortten. Es ist zu spät heütte, will ahn dem frischten ahnfangen vom 28, no 34. Ich habe die schiffer auffgeschrieben, hoffe, daß ich nun hinfüro allezeit just datiren werde. Mein husten undt schnupen ist, gott lob, gantz verbey undt befinde mich nun, gott sey danck, recht woll, wünsche, daß Ihr Eüch so woll befinden möget. Daß ist woll wahr, daß husten undt schnupen eine rechte plage ist, fürchte daß fieber weniger, alß schnupen undt husten. Ich habe caminen, die abscheu[lich] rauchen, man wirdt morgen dran arbeytten. Der winnter ist noch nicht starck hir, es hatt 12 tag ahn einem stück geregnet tag undt nacht, auch ist daß waßer 6 schu hoch gewackßen, aber es ist gar nicht kalt. Die lufft von Londen soll noch schlimer undt dicker [sein], den zu Paris brendt man [144] nichts, alß holtz. Meine 2 enckelen, die duchesse de Berry undt ihre große schwestern, so woll die im closter undt hir, mademoiselle de Valois, seindt harte kniper; 10 menschen, so ihnen nachthun wolten, würden umbs leben kommen. Mademoiselle ist keine hoheit, sondern nur princessen du sang, denen man nur altesse serenissime gibt; altesse royal geht nicht weitter, alß petits enfants de France, alß meine kinder; mein sohns kinder seindt, wie schon gesagt, nur prince du sang, der duc de Chartre ist premier prince du sang, monsieur le duc ist der zweytte undt so vorthan.[1] Alle fürstliche kinder hir hatt man, sowoll weibs- alß manspersonen, bitter übel erzogen, von 9 jahren ahn allen willen gelaßen. Madame d’Orleans hatt sich kein augenblick umb ihre kinder bekümert; ihr sohn allein hatt daß glück gehabt, gutte hoffmeister zu finden, so ihn christlich undt woll erziehen. Daß ist gewiß, daß ich mein leben nirgendts, so, ich sage nicht fürstliche, sondern adtliche so ellendt habe erziehen sehen, alß man dieße kinder hir erzogen hatt. Es war dießelbe hoffmeisterin, so mein dochter gehabt, die, gott lob, nicht so erzogen ist. Ich habe einmahl die hoffmeisterin zu redt gestelt, worumb sie nicht meine enckeln wie mein dochter erziehe, so hatt sie mir geantwort: Bey mademoiselle habt Ihr mir beygestanden, bey dieße kinder hatt mich die fraw mutter mitt ihnen außgelacht, wen ich über sie geklagt; wie ich daß gesehen, habe ich alles seinen weg gehen laßen. Daher kompt die schöne zucht. Wie ich den heüraht nicht gemacht, habe ich auch nie vor die kinder gesorgt, vatter undt mutter gewehren laßen. In Teütschlandt lest man die printzessen ihren willen, aber von [der] alten churfürstin von Saxsen habe ich allezeit gehört, daß sie sich so sternsvoll gesoffen hatt, aber auß[er] ihr von keine andere. Mich wundert, daß Ihr meinen brieff noch nicht endtpfangen habt, wo ich Eüch gleich der printzes von Wallis glückliche niederkunfft bericht habe. Vielleicht ist dieße sach nicht so gutt vor printz Friderich ist, umb sich so sehr drüber zu erfrewen; aber nach meinen sin wirdt der ahm glücklichsten sein, so nicht könig in Englandt wirdt werden. Man rufft mir, es schlegt 10, kan nichts von der comtesse de Soisson,[2] noch von Esseander undt seiner famillien sagen, dancke Eüch vor die gazetten undt vers. Adieu! Ein andermahl will ich vom churprintz von [145] Saxsen reden, nun nur sagen, daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 9. Dezember 1717 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 143–145
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0871.html
Änderungsstand:
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