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Brief vom 5. Juni 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


921.


[282]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou, pfingstsontag, den 5 Juni 1718 (N. 82).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben in kirch gangen, hatt man mir Ewer liebes schreiben vom 24 May gebracht, welches ich erst habe leßen können, seyder wir wider auß der kirch sein. Ich hatte auch mitt einem[1] 3 andere bekommen, von der printzes von Wallis, der gräffin von der Bückeburg undt der königin in Spanien, so zu Bajonne ist, welche mich alle so lang auffgehalten zu leßen, daß es mich biß jetzt geführt, da es schon nahe bey halb 5 ist. Heütte morgen habe ich nicht schreiben können; den ich bin in der pfarkirch zum h. abendtmahl undt 2 gantzer stundt in der kirch geweßen. Werde heütte ohnmöglich auff alles andtwortten können; den wen ich wider von der promenade werde kommen, muß ich ahn mein dochter schreiben, von welcher ich gestern abendts auch brieff bekommen. Der printzes von Wallis brieff setzt mich recht in sorgen; sie hatt nicht gemeint, daß sie schwanger ist, undt hatt auff einmahl ein böß kindtbett bekommen. Daß ist gefahrlich. Gott wolle I. L. beystehen undt sie wider baldt gesundt machen! Ihr werdet auß meinem letzten schreiben ersehen haben, daß ich von der königin in Preussen selber erfahren, daß ihr herr wider gesundt ist. Waß die frag ahnbelangt, so Ihr mir thut, ob frembten von lutherische in kriegschargen hir kommen können, so leydt man [283] keine, alß im elsäschen[2] regiement undt unter den Schweitzern; sonst leydt man keine nirgendts undt werden noch dazu geplagt undt selten befordert, sie endern den von religion. Da habe ich bey daß p. s. vom Ewer liebes schreiben geantwort, liebe Louise, nun komme ich ahn den ahnfang. Meine gesundtheit geht, gott lob, noch immer gar woll, wünsche, daß die Eüerige eben so gutt sein mag. Mein apetit ist noch nicht kommen, aber ich frage nicht darnach; den hette ich hunger, müste ich davon abbrechen, undt daß würde mich verdrießen, bin also lieber ohne apetit. Da komme ich von der promenade; es ist gar schön wetter, weder warm, noch kalt. Ich will Eüch noch ein viertelstündtgen enterteniren, daß überige vor ein andermahl sparen, wo mir gott daß leben verleydt. Ich zweyffle nicht, daß Ihr fro werdt geweßen sein, Ewere tante, die fraw von Degenfelt, wider zu sehen. Aber wie ist ihre vissitte so gar kurtz? Hette woll ein par tag bey Eüch bleiben [können], Ihr thut ja ihren kindern guts genung dazu. Ich erinere mich noch, wie ich ein kindt war undt nach Hannover reiste, daß ich nahe bey Franckfort durch einen gar dunckeln waldt gefahr[e]n bin. Ich bilde mir ein, daß es der ist, worinen Ihr der fraw von Degenfelt, herr Max witib, daß geleydt geben habt. Ihr habt woll gethan, der kühle in dem waldt zu erwartten. Ewer liebes schreiben, so ich heütte entpfangen, ist vom 24 May, no 41. Aber es wirdt spät; ich muß enden, umb noch ahn mein dochter zu schreiben, welche, gott lob undt danck, nicht schwanger ist; ich bin von hertzen fro drüber. Gleicht der herr von Degenfelt, der in meines vettern, deß landtgraffen von Cassel, dinsten ist, herrn Max s., oder gleicht ihm sein sohn, der graff in Englandt, mehr? Adieu, hertzliebe Louise! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt versichere, liebe Louisse, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Juni 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 282–283
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0921.html
Änderungsstand:
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