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Brief vom 25. September 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1264.


[233]
St Clou den donnerstag, 25 September 1721 (N. 28).
Hertzallerliebe Louise, ich habe woll gethan, daß ich Ewer liebes schreiben vom 9 September, no. 66, bißher gespart habe, den ich habe keinen frischen brieff von Eüch endtpfangen. Ihr werdet nun woll wißen, liebe Louise, daß ich auch braff kranck geweßen bin, aber nun, gott lob, wider woll undt zu kräfften kommen; eße woll undt schlaffe woll, aber gar lustig bin ich eben nicht, daß ist gewiß. Man hatt meinen sohn vergangenen sontag zur ader gelaßen, dinstag, mitwog undt heütte hatt man ihn den warmen sawerbrunen von Balaruq[1] drincken machen, den er fing ahn, schläfferig zu werden, wie ich vor 2 jahren. Ich habe es aber in den 3 tagen, so er hir geweßen vor 8 tagen, gar nicht ahn ihm gespührt, war also im ahnfang recht böß, meinte, man hette ihm gantz unnöhtiger weiß die precaution-remedien gebraucht. Aber nun sehe ich doch, daß man woll gethan hatt, den die schlaffsucht ist gar gefährlich. Wie ich heütte morgen ahn daß endt von dießem ersten bladt war, habe ich auffhoren müßen undt mich ahnkleyden. Wir seindt hir alle heütte en grand habit, den ich habe eine ceremonie umb 3 uhr, nehmblich die reception von dem verfluchten cardinal du Bois[2], dem der pap[s]t seine barette geschickt hatt. Den muß ich saluiren, sitzen machen undt eine zeit lang entreteniren, welches nicht ohne mühe geschehen wirdt, aber mühe undt verdrießlichkeit ist daß tägliche brodt hir. Aber da kompt unßer cardinal ahngestochen, ich muß also eine pausse machen. Der Cardinal hatt mich gebetten, alle daß vergangene zu vergeßen; er hatt mir die schönste harangue gemacht, so man hören kan. Viel verstandt hatt der man, daß ist gewiß; were er so gutt, alß er verständig [ist], were nichts ahn [234] ihm zu wünschen[3]. Aber dießes stück fehlt teüffels-ding bey ihm undt kan man sagen, wie unßer graff von Wittgenstein alß zu sagen pflegte: Da ligt der haaß in pfeffer. Aber ich komme auch wider auff Ewer liebes schreiben, muß nur noch sagen, daß mir noch 3 verhindernüßen vorgefallen sein, nehmblich ein courier von meiner dochter, welchen ich habe abfertigen müßen; hernach ist die junge printzes de Conti kommen, hernach hatt man ins gebett geleütt, hernach ist ein page von der hertzogin von Hannover kommen, der hatt mir ein brieff von I. L. bracht, welchen ich habe beantwortten müßen; damitt hatt mein tag geendet. Da kompt mein enckel, der duc de Chartre[s] herrein, aber er hindert mich nicht ahn schreiben, ich lebe ohne façon mitt ihm. Unßer hertzogin von Hannover bildt sich ein, daß sie delicatter ist, alß sie es in der that ist, ich vexire sie braff mitt. Sie ist auch nicht [arm], hatt über ihr einkommen viel von mademoiselle de Guise geerbt, so eine fürsten von hauß Lotteringen war. Sie helt sich recht woll hir nach ihrem standt, hatt eine hoffmeisterin undt 3 freüllen, einen hoffmeister, einen stallmeister, 2 pagen, 5 oder 6 laquayen, fehrt allezeit mitt zwey kutschen, in ihrem hauß hatt alles gar gutt air undt recht fürstlich. Viel fragen seindt ein ungemächliche sachen[4], mich machts gantz gritlich, wens mir widerfährt. Ewer niepce reiß nach Altorff gefehlt mir gar nicht, schwangere weiber reißen seindt allezeit gefährlich. Ich dancke Eüch sehr, liebe Louise, vor daß conclave undt kupfferstück vom papst. Ich habe heütte ein brieff vom papst[5] bekommen, aber sein thun gefählt mir gar nicht. Unter unß gerett, ich habe es monsieur le Fevre recht vorgeworffen, daß er ihn vor einen gutten undt ehrlichen man hatt passiren machen undt soutenirt, er seye geendert, seyder er papst geworden. Hirmitt ist Ewer liebes schreiben vollig beantwortet, bleibt mir nur noch überig, zu sagen, daß Ihr in dießem paquet die andtwordt von madame Dangeau ahn die fürstin von Ussingen finden werdet. Ich wünsche, daß meine St Clouer bauern-kirbe so glücklich überkommen möge, alß Ewer paquet mitt dem papst undt conclave. Waß soll ich nun weytter guts sagen? Ich weiß gar nichts neües, [235] versichere Eüch nur hirmitt, liebe Louise, daß ich Eüch all mein leben von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. September 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 233–235
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1264.html
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