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Brief vom 13. August 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


2048.


[561] [1]
Fontainebleau den 13 Aug[usti] 1711.
Hertzallerliebe Louisse, seyder ich hir bin, habe ich 5 von Ewern lieben schreiben von Eüch entpfangen, 2 von Herrnhaussen undt 3 von Franckfort. Ich kan woll mitt warheit schwehren, daß ich mich mehr, alß 20 mahl, hir her gesetzt habe mitt der feder in der handt, umb zu andtwortten, undt bin alle mahl verstört worden; es ist mir gar zu wunderlich mitt gangen. Gott gebe, daß ich heütte waß außschreiben mag! Ich dancke Eüch sehr, continuirt zu haben, zu schreiben, ob ich zwar nicht geschrieben hatte; bin Eüch recht davor verobligirt, ich entpfange Ewer liebe schreiben mitt rechtem vergnügen. Heütte habe ich daß vom 4 dießes monts entpfangen, ahn welchem ich meine andtwort ahnfangen werde; bin fro, daß die brieff von hir richtig gehen. Man helt vielleicht zu Franckfort selber alle brieff auff, so auß Franckreich kommen; es ist doch noch gutt, daß sie nicht verlohren werden. Mein intention ist woll geweßen, nichts hindern zu laßen, Eüch zu schreiben, aber ich habe nicht dazu gelangen können; aber ich will alles so wenden, daß ich hinfüro fleißiger mitt schreiben werde sein kön[n]en. Ich habe die pillen zu recht entpfangen, dancke Eüch sehr davor; muß noch eine betteley thun umb ein schachtelgen vom Nürnberger pflaster, so miracle hir thut. Chur-Bayrn helt von die arme leütte nicht[s], so nicht in faveur sein, also hatt er nichts auff mich halten [können]. Ich habe ihm doch weniger unehr ahngethan, alß er mir; den ich thue nichts, alß waß meinem standt gemäß ist, aber daß hatt er hir nicht gethan. Aber genung hirvon, muß nur daß noch sagen, daß er gemeint, daß, wen er sich alß ein vetter von mir erklarte, würde die allmächtige dame, die mich so erschrecklich hast, ihm nicht [562] mehr gnädig sein. Hir sagt man auch, das I. L. ahm R[h]ein die frantzösche arme comandiren solle, allein ich sehe noch nichts davon. Die verrahterey von Landau nimbt mich gar nicht wunder; wo Frantzoßen sein, werden sie allezeit vor ihrem könig sein. Madame de Bery unglückseeliges kindtbett ist viel schuldig, daß ich Eüch die 3 wochen her nicht habe schreiben konnen, den ich habe 2mahl deß tags hin gemüst. 10 schlegt alleweill, ich muß noch auff morgen verschieben.
Freytag, den 14 Augusti, umb 4 abendts.
Auß waß ich Eüch gestern abendts geschrieben, werdet Ihr schon sehen, liebe Louise, daß es nur zu war ist, daß madame la duchesse de Bery ein gar böß kindtbett gehabt hatt. Daß konte nicht anderst sein, wie man sie gouvernirt hatt; es hatt ihrer fraw mutter genung gerewet, ich hatte es ihr gesagt, daß es kein gutt thun konte, sie hatt mir aber gar nicht glauben wollen, wen ich gesagt, waß ich mein, daß meine schuldigkeit ist. Will man mir nicht folgen, bekümmere ich mich weitter nichts drumb. Madame de Bery unglück hatt mich nicht betrübt, den erstlich ist es gar glücklich abgeloffen undt madame de Bery hatt nicht die geringste gefahr außgestanden; zum andern so war daß kindt nur ein medgen undt die zwey eheleütte seindt ja jung genung, umb noch mehr zu bekommen; undt zum 3ten, so war mirs auch nicht leydt, daß alle die junge leütte, so meiner gespot hatten undt mir nicht glauben wolten, doch sehen, daß ich recht gehabt habe. Hir ist es die mode nicht, daß die kinder den eltern viel freüde schaffen. Es ist leicht zu glauben, daß sich viel leütte in Franckfort einfinden werden, den alle einzüge werden waß schönnes sein. Die Franckforter werden woll viel bey dießer wahl gewinen. Die printzeß Louise von Wolffenbüttel eylt gewiß wider nach hauß, den ihre dochter, printzes Anthoinette, ist auff den todt gelegen, doch nun wider waß beßer, wie ihr groß herr vatter mir geschrieben. Die fürstliche personen finde ich glücklich, die zu den ihrigen reißen können, wen sie wollen. Von der princes von Vehl habe ich mein leben nicht gehört; ich kene woll graffen von Vehlen, aber keine fürsten; zu dem seindt sie die alsten graffen nicht. Die große complimenten wehren eben nicht, waß mir ahm besten ahn printzes Charlotte von Wolffenbüttel gefahlen solte, den ich finde es recht fatigant undt [563] die complimenteüssen haben ordinarie waß gezwungenes ahn sich, so mir nicht gefehlt; ich sehe gern, daß man natürlich ist. Ma tante hatt mir selber ihren durchlauff geschrieben; I. L. hatten zu viel feygen undt melonen geßen. Wen der durchlauff nicht zu lang wehrt, ist er nicht ungesundt. Geschwollen zahnfleisch kan schmertzlich sein, ist aber, gott lob, gar nicht gefährlich. Gott gebe, daß I. L. es weitter, alß der gutte, ehrliche monsieur de Polier s. bringen mögen! Sein todt ligt mir noch gantz schwer auff dem hertzen. Hiemitt ist Ewer letz[t]es undt wehrtes schreiben vollig beantwortet. Ich komme auff daß vom 28 Julli; ich hoffe, daß sich unßere corespondentz einrichten wirdt. Vom gutten, ehrlichen monsieur de Polier s. will ich nichts mehr sagen; der gutte man ist nicht allein zufrieden geweßen, zu sterben, sondern hertzlich fro. Es seindt mir hir vielle, [die mich] näher ahngehen, alß er, welche mich nicht so sehr undt so lang betrüben würden. Die gräffin von Platten ist die jüngste nicht, mogte auch woll nun die gallanterie undt coquetterie fahren laßen. Ich meinte, die comedie spilt man nur teste a teste. Von Ewerer reißgefahrtin sage ich nichts, weillen ich weiß, daß Ihr dießer geselschafft quit seydt. Ich habe ahn Lenor gesagt, wie daß Ihr meint, daß ihres neuveux fraw schwanger ist; daß freüet sie recht von hertzen undt sagt, sie wünsch ihr alles glück undt heyll. Gott gebe, daß Chur-Bayrn ein wenig consideration vor meine bitte in Eüern sachen, liebe Louisse, haben mag undt daß es woll ablauffen mag! Ich thue mein bestes vor Ewer neuveux in der sach von Coubert, aber ich fürcht, der printz d’Yssenguien endtlich die confiscation bekommen wirdt. Wolte gott, liebe Louisse, daß ich Eüch recht essentiellement dinnen konte! Ich wolte mich von hertzen dazu emploiren undt es vor ein glück schätzen, wen ich Eüch zu etwaß gutt sein könte. Heütte kan ich nichts mehrers sagen, den ich habe noch 3 brieff zu schreiben. Adieu, hertzliebe Louisse! seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. August 1711 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 561–563
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b2048.html
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