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Brief vom 28. Juni 1692

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


138.


[155]
Paris den 28. Juni 1692.
… So lang der König Wilhelm jenseit der Sambre bleibt, werde ich gar in ruhen sein. Ich zweiffle nicht, daß dieser König undt der Churfürst von Bayern[1] sich gern mitt mons. de Luxembourg[2] schlügen, allein der erste könte doch nun woll in ruhen sein, denn durch den verlust[3] von [156] der seeschlacht[4] seindt seine Königreiche woll befestigt. Daß unßerm großen mann etwaß gar übels begegnen solte, wünsche ich nicht, denn ich würde selber dadurch leyden müßen, allein daß er ein wenig bang mögte werden undt alßdan einen gutten frieden machen, das wünschte ich woll, denn ob sich zwar weder die arme Pfaltz noch schloß Heydelberg sich wider erhollen werden, so werden sie doch immer ellender sein, so lange der krieg wehren wirdt. Man sagt hir, die alte rompompel[5] seye greülich gritlich in der stadt, wo ihr hertzallerliebster sie gelaßen; das macht mich hoffen, es soll ihr ahn ihrer gesundtheit schaden. Es ist eine trawerige sache vor sie, daß sie ihn seyder einem monat nicht gesehen hatt, undt glaube, daß die freüde auff beyden seitten groß wirdt sein, wenn das schloß von Namur[6] übergehen wirdt undt sie einander wider sehen werden. Der große mann logirt woll auff den reißen in einem hauß mitt der zot, aber sie schlaffen nicht in einer cammer nachts undt geht alles mitt groß mistere zu. Dadurch sehen E. L., daß er sie noch nicht vor sein fraw erklärt hatt; aber das verhindert nicht, daß er sich alle tag mitt ihr einspert, wenn sie beisammen sein, undt gantzer hoff, sowoll weibs- alß manspersonen vor der thür warten müßen. Weillen hertzog Rudolf August ja so einen wunderlichen heüraht hatt thun wollen[7], worumb macht er es nicht wie der verstorbene margraff von Baden-Durlach[8]? Der hatte auch einen solchen heüraht gethan, man bekam sie aber nie nicht zu sehen; er hatte sie in einem schloß auff dem landt, da ging er offt hin jagen, aber nach hoff noch nach Durlach kam sie nie… Es ist woll wahr, daß der König Jacobus mündtlich durch milord Melford ahn unßern König entbotten den inhalt des brieffs, so man unter seinem nahmen außgehen macht, aber den gantzen brieff hatt er nicht geschriben[9]. … E. L. ersehen, mitt waß bigotterie der printz de Walis erzogen wirdt; sie haben ihn gantz voller reliquen behengt, da spilt er mitt. Ich werde morgen meinen beichtsvatter[10] ein wenig plagen, denn die herrn jesuwitter zu Namur haben 1200 bomben gantz geladen versteckt, die hatt man ungefehr bey ihnen gefunden. Man weiß nicht, waß sie damitt haben machen wollen; der König hatt nur den recteur exillirt, aber alle die andern merittirten es eben so woll, undt weiß ich nicht, ob nach dießem stück man ihnen wirdt trawen dörffen. Ich sage es noch: die münche undt das alte weib mag allein ahn dem assassinat, so man König Wilhelm hatt thun wollen, part haben, aber E. L. haben woll recht zu glauben, daß der große mann nichts drumb weiß … Wie man hir devot ist, kan ich es ohnmoglich sein; ich bin viel zu natürlich, umb grimassen machen zu konnen; aber gehorchen kan ich woll, wenn man mir waß [157] befiehlt undt deßwegen gehe ich ins salut, wenn es sein muß. Daß E. L. sagen, daß man in Itallien eher ein mordt thut, alß daß man fleisch Freitags ißt, gemandt mich ahn mons. de Bouillon, der sagt alß peché pour peché, j’aime mieux coucher avec ma jolie femme que de manger de la viande le samdy ou vendredy. …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 28. Juni 1692 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 155–157
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0138.html
Änderungsstand:
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