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Brief vom 27. März 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


446.


[431]
St. Clou den 27. Mertz 1701.
Jetzt komme ich eben auß der pfarkirch, alwo ich zum h. abendtmahl bin gangen undt hernach die große meß gehört habe, undt nun ich meine schuldigkeit bey Gott dem allmächtigen abgelegt, will ich sie bey E. L. ablegen, welche nach Gott gar gewiß meine gröste devotion haben. Ich habe die gantze kirch durch ahn mein hertzlieb ma tante gedacht undt daß sie vielleicht in demselben augenblick singen: Christus ist ersta-ha-ha-handen von der marter aller, des wir sollen fröllig sein, Gott loben undt ihm danckbar sein, undt singen all haluja halleluja[1]. Ich habe alß hören sagen, daß [432] der Keyßer viel verstandt hatt, wundert mich also, daß er seiner eygenen affairen nicht mehr lest ahngelegen sein, denn mich deücht, daß, weillen er doch so sehr gewünscht, daß sein sohn, der Ertzhertzog, König in Spanien solte werden, hette er in seinen archiven alles auffsuchen sollen, so ihm vortheilhafft sein könte, ehe der König in Spanien gestorben. Im suchen hette er denn dießes Königs herrn vattern testament gefunden, welches er dem jungen König in den letzten zeitten hette schicken können, sein testament auff den model zu machen, so were ihm kein tord geschehen undt nützlicher geweßen, alß eine musiq zu componiren, denn es ist beßer, andere singen zu machen, alß selber die klaglieder Jeremia zu singen. Ich glaube, daß man den rechtsgelehrten die sach nicht wirdt zu decidiren geben undt daß es mitt pulver undt bley wirdt decidiret werden …
Ich glaube, E. L. brieff haben sie mir so lang auffgehalten auß curiositet, umb drauß zu sehen, ob mir E. L. nichts von der zeittung schreiben, so man jetzt zu Paris sagt, undt man spricht jetzt von nichts anderst hir, nehmblich daß das parlement von Engellandt E. L. zur erben der cron Engellandt nach der printzes von Denemarck todt erwehlet hatt undt E. L. herrn sohn, den Churfürsten zu Braunsweig nach E. L.[2] Man setzt dazu, daß König Wilhelm E. L. bitten wirdt, nach Engellandt zu ziehen, umb in dem raht zu sein wegen Dero großen verstandt. Ich gestehe, daß ich alles große lob, so man E. L. gibt, gerne höre … Die Holländer haben unßerm König eine dolle proposition gethan, nehmblich den Keyßer völlig zu contentiren, der cron Engellandt Ostenden, Nieuport undt Charleroy zu geben, ihnen Namur undt Mons undt was in dem letzten krieg ist von den Frantzoßen genohmen worden[3]. Durch dieße proposition sicht man woll, daß sie nichts alß den krieg begehren. [433]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. März 1701 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 431–433
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0446.html
Änderungsstand:
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