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Brief vom 11. März 1714

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


830.


[341]
Versaille den 11. Mertz 1714.
… Die gutte Königin in Spanien[1] hatt vor die Königinen alle drey bezahlt; ist woll schadt, denn man kan nicht mehr verstandt undt tugendt haben, alß dieße gutte Königin gehabt hatt. Aber eine sach wundert mich, so man mir versichert[, daß sie] gar wahr sein solle, nehmblich daß die printzes des Ursins[2] dem König in Spanien solle persuadirt haben, gleich nachdem der Königin die seel außgangen, auff die jagt schießen zu reydten, undt daß sie ein stundt nach der Königin todt au papillon[3] solle gespilt haben, undt da der König wider von der jagt kommen, solle sie mitt dem König schach gespilt haben. Die leütte, die so voller politic stecken wie dieße printzes, die lieben nichts in der welt, alß sich selber. Ich habe doch mühe gehabt, dießes zu glauben, denn ich kan es nicht begreiffen … Ich kan E. L. mitt warheit versichern, daß die, so gesagt, daß die arme Königin in Spanien auß jalousie gestorben, den spanischen hoff nicht kennen, denn erstlich so ist der König in Spanien zu gottsfürchtig dazu, maistressen zu haben, zum andern so war die Königin absolute herr undt meister über I. M., er that keinen schritt, ohne sie zu consultiren, hatte sie auch so hertzlich lieb, daß sie woll nichts zu fürchten hatte. Die Königin hatt die zehrung bekommen, weillen man sie von einer kranckheit hatt couriren wollen, so I. M. s[eelig] nicht hatten. Ich hette groß unrecht, den duc de Bery mein duc de Bery zu nenen; ich habe gar kein part ahn ihm. Ich kan nicht leügnen, daß mein sohn gar gelehrt [ist] undt allerhandt sachen weiß, auch verstandt hatt, allein er machts wie der knecht im evangellion: er verschart seinen talent in die erde undt will nicht, daß es jemandts sehen soll, amusirt sich nur mitt seiner tochter[4] undt kan keine lust noch freüde haben, wo sie nicht ist. Nirgendts kan er dauern, überal feldt ihm die zeit [lang] außer bey ihr. Die [342] zeit feldt ihm so lang bey mir, daß es mir vapeurs gibt; hatt weder lieb noch vertrawen zu mir, sehe ihn abendts ein viertel stündtgen, mehr nicht, bin fro, wenn er ’nunder geht, umb ihn in ruhe zu setzen. Wenn er wolte, were er ahngenehm, aber mitt mißtrawen undt langeweill sicht man seinen sohn nicht gern; mein dochter hatt mich lieber, die kan ich leyder auch nicht sehen. Ich mag sterben, wan ich will, so habe ich hir nichts zu regrettiren noch zu forchten, daß man sich zu viel über mich betrüben möge …
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. März 1714 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 2 (1891), S. 341–342
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d08b0830.html
Änderungsstand:
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