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Paris den 27. mertz 1694.
… Ich hoffe, daß diß schöne frühlingswetter mein lieb jungfer Uffel
baldt wider zu kräfften helfen wirdt. So viel ich von ma tante vernehme,
so lest man sich zu Hanover doch die zeit nicht lange wehren, obzwar das
carneval vorbey ist. Unßerer verwitibten Hertzogin gefelt es viel beßer zu
Hanover, alß zu Zelle; ob sie zwar jetzt ihr eygen menage hat, bin ich
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versichert, daß sie ihre zeit nicht so einsam undt langweilig wirdt zubringen,
alß hir im hotel de Guise. Ich habe seither in acht genohmen, daß das
wetter zu Hanover eben ist wie hir; wenn es noch so fortgefahren, wirdt
ma tante sich zu Herrenhausen braff mit spatzirengehen erlustieren können.
Ich hoffe, daß ich, ob gott will, nun baldt auch wider die liebe frische lufft
werde schöpfen können, denn biß mitwog werden wir einsmahls wider von
hir weg, alwo ich mich ein tag 14 befunden, bin aber nicht gerne hir, denn
wenn ich nicht jagen, spatzirengehn oder in die rechte lufft kan, thut mir
das miltz wehe, sticht mich in die seyte undt macht mir kopfwehe. Meine
gesundtheit geht nicht zum besten; jungfer Cathrin
[1] hat mir seyder 2 monat
keine visite geben undt das macht mich gantz wunderlich undt gibt mir
dempff, die mir in kopf steigen; schwanger kan ich nicht sein, denn seyder
12 jahren schlaf ich allein
[2], glaube also vielmehr, daß mich jungfer Catherin quittiren will. Vergnügen hat man wenig hir, man hört von nichts alß
ellendt undt leütten, die schir hungers sterben. Es ist eine erschreckliche
tewerung hir; gott gebe einen gutten frieden; es ist zeit, denn sonsten weiß
ich nicht, wie alles hir werden wirdt.
[3] …