[142]
St. Cloud den 10. augusti 1719.
… Ich habe nie keine gutte opinion von der seel. duchesse de Berry
kranckheit gehabt, hat allezeit einen schlimen pulß gehabt, aber das ist kein
wunder gewest, ihre favorittin hat sie umbs leben gebracht alß wenn sie
ihr die gurgel abgeschnitten hette, hatte ihr, wie sie bey ihr gewacht,
allerhandt sachen zu freßen undt zu sauffen gebracht: kleine pastetten, salat,
[143]
melonen, feygen, pflaumen undt bier im eyß; das hat la fievre lente in
continue gebracht mit zwey redoublementen des tags, wovon sie gestorben.
Dieße favoritin, so mad. de Monchy
[1] heist undt dochter ist von dem
weib, so Mad. de Berry sougouvernante geweßen, hat sich 3 stundt vor
ihrer fürstin todt salvirt, sonsten hette man sie gesteiniget, denn der Mad.
de Berry domestiquen haben auf sie gepast, sie gleich ihrer fürstin
nachzuschicken. Sie hat kein haar nach ihrer fürstin todt gefragt, den tag, wie
man sie nach St. Denis bracht, ist sie zu gast zu einer ihrer gutten freündinen
gangen, hat dort gefreßen, gesoffen undt [ist] lustig geweßen, alß wenn nichts
geschehen. Das ist woll eine große undanckbarkeit, denn Mad. de Berry
hat ihr mehr guts gethan, alß sie würdig ist. Das hat meinen sohn so
piquirt, daß er sie exillirt hat undt verbotten, in Paris zu bleiben. …
Mein Harling meint, daß sein contrefait jetzunder wirdt ahnkommen sein;
es ist woll gemahlt von demselben, so mein contrefait gemacht: Mons.
Rigeaud
[2]; er mahlt woll, aber spricht übel, denn er stottert so unerhört,
daß es ein viertelstundt dauert, ehe ein gespräch heraußkompt; er solte allezeit
in singen reden, denn wenn er singt, stottert er nicht. …