Seitenbanner

Brief vom 2. November 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


446.


[137]
Versaille den 2 November 1709.
Hertzliebe Louisse, ich habe vergangen donnerstag Ewer liebes schreiben vom 21 October zwar entpfangen, aber ohnmöglich eher, [138] alß nun, beantworten können. Kaum hat man mir die zeit gelaßen, ma tante ihres zu beantworten; den weillen ich einen starcken husten undt schnupen haben, habe ich, wie Ihr leicht begreiffen könt, viel vissitten bekommen alle dieße zwey tage her. Heütte ist der hoff nach Marly. Ich habe aber noch zu viel böße nächte, hoffe doch, zukünftigen mitwog zu folgen können; den man sagt, daß Chur-Bayern[1] biß donnerstag hinkommen wirdt, undt wie man sagt, daß I. L. gar höfflich sein, ist mir bang, daß I. L. mich hir besuchen mögten wollen, hir zu mir kommen, undt wie man mir gar leicht paquetten gibt undt reden macht, wen ich nicht dran gedencke, also will ich mich bey den großen hauffen halten, damitt man mir nichts auffbringen mag; den die alte dame,[2] die in so großen gnaden, hast mich abscheülich. Ich habe all mein bestes gethan, ihre gnaden zu gewinen, aber nicht dazu gelangen können. Sie hatt, wie man hir sagt, une haine inplacable gegen mich undt meinen sohn. Aber waß will man thun? man muß alles folgen, waß raisonnabel ist, undt dencken: Hütt dich vor der that! der lügen ist woll raht, im[mer] seinen gerahten weg fort. Gott wirdt alles richten. Wegen Ewerer augen, liebe Louisse, hatte ich Eüch gebetten, mir nur alle sambstag zu schreiben, weillen mir bang ware, daß es Eüch schaden würde, offter zu schreiben; aber findet Ihr, daß es Eüch keinen schaden thut, so schreibt mir, so offt Ihr nur wolt, liebe Louisse! Es wirdt mir allezeit recht ahngenehm sein. Ich bin fro, daß Ihr noch zu reißen habt undt ahn örter, wo Ihr die arme Amelisse nicht gesehen habt; den ich hoffe, daß Eüch daß distractionen geben wirdt undt die trawerigkeit, wo nicht vertreiben, doch auffhalten wirdt, wie ich es von hertzen wünsche, undt auch daß die lufft von der Ghör Ewern augen beßer, alß die von Hannover, bekommen möge. Es erfrewet mich, zu vernehmen, daß Ihr noch allezeit so in gnaden bey der cronprintzes von Preüssen seydt. Daß gibt mir gutte opinion von I. L. gemühte, daß sie bestandig vor ihre gütte freünde ist. Hiemitt ist Ewer schreiben völlig beantwortet , bleibt mir nichts mehr überig, alß Eüch zu [139] versichern, daß ich Eüch von hertz[en] lieb habe.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 2. November 1709 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 137–139
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0446.html
Änderungsstand:
Tintenfass