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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.
Marly den 22 Julli 1713, umb ein virtel auff 10 abendts.
Hertzallerliebe Louisse, ob ich zwar schon 4 große brieff
geschrieben habe, so will ich Eüch doch noch entreteniren, biß wir
zum nachteßen müßen; den Ihr wist, daß ich Eüch versprochen,
daß Ihr alle sontagspost einen brieff von mir haben solt, undt ist
ein schelm, der sein wordt nicht helt, werde also ahnfangen, auff
Ewer liebes schreiben vom 7 Julli zu antworten. Dancke Eüch,
daß Ihr mir eine exacte relation von der rückreiße gethan habt;
ich sehe aber nicht drin, daß ma tante die hertzogin von Zel zu
Braunsweig besucht, daß nimbt mich wunder. Ich meinte, ma tante,
die fraw churfürstin, hette vergeßen, davon zu sprechen, undt daß
Ihr waß davon sagen würdet, aber Ihr sagt auch nichts davon;
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drumb bitte ich Eüch, liebe Louisse, explicirt mir dießen text!
Gott sey danck, daß ma tante dero reiß so glücklich, lustig undt
woll volendet hatt! Der allmächtige erhalte sie noch lange jahren!
Ich beklage die arme madame de Beningsen, daß fieber in der
kutsch gehabt zu haben, nichts ist ungemächlicher. Wen man reist,
muß man gesundt sein, sonsten ist es kein spaß. Ich glaube, daß
ma tante civillitet gegen die churprintzes muß der churprintzes woll
gefahlen haben. Hatt die churprintzes den keine edelleüte bey sich, ma
tante die stiege nauff zu führen? Daß were mein sach, so geschwindt
zu fahren, den wen man schriedt vor schrit fahrt, wirdt mir recht übel.
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Ich kan woll begreifen, warumb monsieur Winde nicht, hatt folgen
können; wen man nicht im ahtem ist oder geßen hatt, kan man
ohnmöglich starck reitten. Man thut woll zu Hannover, die
kleinen printzen undt princessinen oft spatziren [zu führen], nichts ist
den kindern gesunder. Mich deücht, ma tante glaubt nicht, daß
die bronnenchur deß churprintzen übel außsehen verursachet. Es
muß schönner wetter bey Eüch andern sein, alß hir; den bey 14
tagen thut es nichts hir, alß wehen undt regnen, undt der windt
ist so kalt, daß [ich] weder abendts noch morgendts ohne feüer
sein kan. Ich glaube, daß wein undt korn undt waytzen zu grundt
gehen werden undt wider eine hungersnoht kommen wirdt, wovor
unß doch gott gnädig bewahrn wolle! Ich finde es admirable, daß
Eüch jungen leütten der abendtthau, so man hir le serain
[2] heist,
schadt undt ma tante es nicht entpfindt. Man muß auch die
warheit sagen, in Teütschlandt ist er nicht schädtlich, wie hir, aber
mitt Ewerm geschwer im ohr thut Ihr woll, in allem die nachtlufft
zu schewen. Wie ich sehe, so seindt die hofffreüllen verdorbene
kinder, welches ordinarie geschicht, wen sich eine drunter befindt,
deren man nichts sagen darff. Wen ma tante blattern ahn den
füßen gangen hette, were nichts leichters
[3] zu heyllen. Man fast
rohte cramoissiseyden in eine nehenadel undt sticht die blaß so
auff, daß man nicht ins fleisch sticht, undt zicht die seyde so
gemach nach, daß man die blaß nicht auffreist, undt wen die seyde
in der blaß ist, schneydt man die seyden ahn beyden enden ab
undt lest die seyde in der blaß; die trucknet daß waßer, so den
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schmertzen verursachet, undt wen alles heyll ist, felt die alte haut
von der blaß mitt sambt der seyden ab. Mitt der gutten
gesundtheit, so ma tante noch hatt, hoffe ich undt wünsche von grundt
meiner seelen, daß sie es viel weitter bringen werden, alß dero
fraw schwester es gebracht hatt, die fraw abtißin von Maubuisson,
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hoffe, daß sie es über hundert bringen mögen. Es ist leyder nur
zu war, liebe Louisse, daß wir nicht herrn über unß selbsten sein
undt daß temperament viel part in allem unßerm thun undt laßen
hatt. Unßer hergott, der daß verhengnuß [bestimmt], hatt alles
wie ketten ahn einander gehenckt, damitt alles geschehen mag, waß
geschehen soll. Eines zicht alß daß ander nach undt wir können
nichts dazu, haben gott zu dancken, wen wir woll thun, den es ist
eine gnade. Es ist gutt undt löblich, barmhertzig zu sein, aber
unßer herrgott befihlt nicht, daß wir unß drüber betrüben sollen,
sondern nur bereydt sein, unßern negsten zu dinnen, wen es bey
unß stehet; stehet es aber nicht bey unß, muß man sich in dießem,
wie in allem, in dem willen gottes ergeben. Ma tante hatt mir der
armen Stoubenvoll
[5] todt bericht. Sie muß alter geweßen sein,
alß ma tante; den ich war noch ein kindt, da war sie schon eine
alte jungfer mitt gar verfaulten Zähnen, die nicht woll rochen. Es
ist ein groß glück, einen sanfften todt zu haben, so woll zu
wünschen ist. Ich schreibe alles, wo Ihr secht, daß mitt einer andern
feder geschriben, heütte morgen, sontag den 23 Julli seyder 10 uhr.
Es ist auch zeit, daß ich ahn ma tante schreibe, werde Eüch also
vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe Louise,
allezeit von hertzen lieb behalte.