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Brief vom 29. November 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1283.


[283]
St Clou den 29 November 1721 (N. 45).
Hertzallerliebe Louise, ich hatte gehofft, heütte auff Ewere [284] 2 letzte schreiben, so mir noch überig sein, zu andtwortten; aber ich glaube schir, daß der teüffel sein spiel mitt hatt, weillen ich nicht allein noch nicht dazu habe gelangen können undt werde es noch nicht thun können, den es ist schon gar spät. Ich habe gedacht, gleich nach dem abendts-gebett zu schreiben können, wo ich gleich hin bin, wie ich von Madrit kommen; aber wie ich auß der capel kommen, habe ich den graff Hoim[1] undt chevallier Schaub hir gefunden, die haben mir verzehlt, wie Cartouche gestern gerädert worden. Daß hatt mich gar lang aufgehalten; habe, wie sie weg, hab ich ahn meinen vettern, den printz Talmont[2] andtworten müß[en], so in seinem landt ist. Nun aber will ich Eüch, liebe Louise, entreteniren, biß mein eßen kompt; fange bey daß kürtzt[e] von Ewern lieben schreiben ahn vom 28 October, no 28[3]. Von meine schreiben, so Ihr damahls entpfangen, werde ich nichts sagen, daß ist zu alt. Die bohmische medaille habe ich unter einer andern medaille von dem könig in Bohmen gelegt, so ich habe. Golt ist in den jetzigen zeitten gar eine thewere wahr, liebe Louisse, aber ich habe, wie ich glaube, noch mehr golt undt gelt, alß Ihr. Wen ich Eüch eine bagatelle schicke, ist es nur von meinem spiel-gelt, thut also keinem menschen keinen tort. Man fengt nun wider ahn, mein hauß zu zahlen; ahn me[i]n spiel-gelt hatt es kein mont gefehlt. Meine einkommen bestehen in 3 punckten, bey dem konig, so man meine pension [nennt], bey meinem sohn undt mein wittum. Mein wittumb besteht in kurtzem begrieff, aber deß königs pension undt waß ich von mein sohn zige[4], daß macht all mein einkommen. Were es keine so unglückliche zeit, würde ich gar gemachlich zu leben haben. Es scheindt woll, daß monsieur Laws gelt nach Englandt gebracht hatt; den er schon mehr, alß ein million, verthan, seine schulden zu zahlen undt seine feindt zu besamfftigen. Ein unglück kompt nie alle[i]n[5]; der milord Rochester hatt nicht allein sein hauß verbrendt, sondern hatt so insolent mitt seinem könig [gesprochen], daß ihn der könig in den thurn hatt führen laßen. Ich glaube, sein verlust undt brandt hatt ihn zum naren gemacht. Ich glaube, ich habe Eüch schon gesagt, wie ich geglaubt, daß er ihr näher were, ich will sagen die freüllen von Ohnhaußen ahn die [285] duchesse von Candelle; aber die printzes von Wallis sagt, es were nicht möglich. Apropo von unßer printzes von Wallis, sie beklagt sich über Eüch, daß Ihr sie gantz vergest undt nicht mehr ahn sie schreibt, auch zu viel complimenten in Eweren brieffen macht. Ich habe versprochen, Eüch drüber zu filtzen, liebe Louise, welches ich den hiemitt thue. Die printzessen sagt, daß sie Eüch von hertzen lieb hatt. Corigirt Eüch den undt schreibt ihr, aber ohne complimenten! Ich habe geantwort, daß Ihr dieße complimenten ahm heß[i]schen hoff müst gelehrnt haben, den zu Heydelberg war es gar nicht die mode. Adieu! Da kompt mein klein nachteßen, kan also nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. November 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 283–285
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1283.html
Änderungsstand:
Tintenfass