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Marly den 1. Mertz 1696.
… Wir werden hir nun baldt ein langweilliges leben haben, denn
wir haben ein jubilée, welches woll übel genent ist, denn nichts ist traweriger:
man muß alß in die kirchen stecken, viel fisch eßen, fasten undt communiciren;
zudem so hören alle divertissementen in der zeit auff, kein opera, kein
comedie wirdt gespilt, summa alles ist langweillig. König Jacob wirdt sein
jubillée auff der see halten, denn I. M. seindt vorgestern verreist nach Calais,
wo er sich mitt einer armée embarquirt, umb nach Engellandt zu gehen
[1];
wie es ablauffen wirdt, sal de tied leeren. … Babet sagt, die gräffin Platten
drinckt alle abendts ein tabackspfeif auß mitt denen damen, so ich E. L.
genent habe
[2] undt das gantz offendtlich, muß also nicht böse werden, daß
Babet es nachsagt. Ich kan leicht glauben, daß E. L. lieber den schönen
agathen geschnitzte apotheose
[3] d’Auguste hetten, alß alle reliquien von der
welt. Es felt mir eine historie ein apropo von reliquien, das muß ich E.
L. noch verzehlen, ehe ich schließe. Der duc de Crequi
[4] hatt einen gantzen
heyligen von Rom kommen laßen undt ahn ein closter (ich weiß nicht mehr
welches) verehrt nach seiner ambassade
[5]. Wie die quaisse mitt dem heyligen
ahnkame, entpfing man es mitt großen ceremonien, undt wie man die quaisse
auffpaqte, saß jederman gar devot auff die knie, die reliquien zu küßen.
Der priester zog etwaß lang eingepacktes herauß, meinte, es were ein arm
oder bein vom heyligen, ließ es gar devot küßen. Wie man aber weiter
auffpackte, fandt es sich, daß man eine quaisse vor die andere genohmen
hatte undt die, so devot war entpfangen worden, waren lautter saucissen
de Boulogne undt käß, undt waß man vor ein arm oder bein geküst, war
ein lange wurst; den heyligen aber hette man schir auff die taffel gebracht
vor ein saucissen. Diß ist eine gar warhaffte historie. Neües ist hir jetzt
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gar nichts, man redet von gar nichts alß Königs Jacobs reiße undt des
duc d’Hamiltons revolte in Schodtlandt.