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St Clou den 6 September 1721 (N. 23).
Hertzallerliebe Louise, morgen ist es kirbe hir undt la [petite]
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St Clou
[1], will also die gutte gewohnheit nicht verliehren, wie ich
Eüch versprochen, liebe Louise, ein bauern- undt dorffkirbe zu
schicken, so hirbey kompt. Mich deücht, ich habe Eüch noch kein
schächtelgen auff dieße art ges[ch]ickt. Ich bitte Eüch, liebe Louise,
schreibt mir, ob ich Eüch nicht schon so eines geschickt habe oder
nicht, und macht mir eine liste undt beschreibung von die, so Ihr
schon habt, damitt ich nicht dopelt schicken mag! Den ich bin
nun so gesundt wider, wiewoll abgematt, daß ich noch hoffen kan,
Euch mehr alß eine kirbe zu schicken. Ich habe heütte morgen
medecin genohmen, daß ist daß 3te mahl seyder meiner kranckheit,
liebe Louise! Bin in den 3 mahlen 24 mahl gehen machen
[2], daß
matt mich sehr ab. Den grünen safft
[3], so man mir heütte morgen
geben, war doch nicht so starck, alß die zwey andern, bin nur 5
mahl gangen, aber sehr starck. Ich kan nicht begreiffen, wo ich
alle die abscheüliche menge galle hernehme, so mir auß dem leib
geht; es ist eben, alß wen man saffran zerschnitten undt außgedruckt
hette. Aber genung von dießen langweilligen discours. Ich komme
auff Ewer liebes schreiben, so ich vergangenen donnerstag
entpfangen, wie ich Eüch bericht habe, liebe Louisse! Ihr wist woll,
liebe Louise, daß es nicht anderst hergeht auff der post, daß man
Eüch einen tag ohne brieffe lest undt den andern die zwey paquetten
auff einmahl gibt. Wo man, wie mitt den postmeistern, auff
interesse disputtirt, da dawert die einigkeit nicht lang. Ihr müst
Eüch die langeweill undt gedult alß ein gelübte ahngeschwohr[e]n
haben, liebe Louise, umb meine brieffe mehr, alß einmahl, zu
überleßen
[4], da hört gewiß gedult undt resolution zu. Es ist ein schlim
zeichen vor mich, wen ich hunger habe, den es ist gar meine
gewohnheit nicht undt folgt ordinarie eine kranckheit drauff. Vor
sterben könte ich daß ey nicht mehr schlucken; man hatt mich so
erschrecklich mitt in meiner ersten kranckheit verlaydt, mir es alle
zwey stundten zu geben, daß ich es nicht mehr leyden kan. Ich
begreiffe perfect woll, daß man ohne apetit ist
[5], den ich eße gar
off[t] so. Wer
[6] graff Degenfelt hir im landt, würde er baldt von
krebsen verlaydt sein, den sie deügen gantz undt gar nichts hir,
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seindt lehr, zehe
[7] undt schmecken nach morast. Ich liebe die krebs
auch gar sehr, aber hir eße ich gar selten. Wo ich sie gutt geßen,
war im Wolffsbrunen
[8], zu Neyenheim undt Neckergemündt
[9]. Da seindt
auch ex[c]ellente grundeln, die ist man hir im landt nicht; wens leben
drauff bestunde, konte man keine eintzige finden, welches mir woll leydt
ist; den ich eße sie hertzlich gern. Man macht so viel gegraß
[10] von den
frantzöschen köchen undt zurichten, daß ist aber gar nicht nach meinem
schmack undt in 50 jahren, daß ich in Franckreich bin, habe ich
mich ahn keinen eintzigen ragoust gewohnen konnen, finde all daß
frantzösche gefräß unleydtlich undt eckelhafft, eße nichts, alß
hamel-fleisch, kalb-fleisch undt schlegt
[11] speyßen, so keine ragoust sein,
gebrattens undt dergleichen
[12]. Wilbert
[13] deücht
[14] hir gar nichts, sie
wißens auch nicht zuzurichten. Könte ich mich unsich[t]bar machen
undt der Angélique ring
[15] ertap[p]en, würdet Ihr mich baldt zu
Geissenheim sehen. Ich glaube, ich würde Eüch ein wenig bang machen,
kenen kontet Ihr mich ohnmöglich, aber ich würde mich baldt zu
erkenen geben undt mitt Eüch eßen, den ich bin persuadirt, daß
Ihr gantz auff gutt Teütsch est
[16]. Daß waßer kompt mir drüber in
den mundt, aber dießer apetit vergeht mir gleich, wen ich ahn daß
hießige gefräß gedencke. Wo kompt dem graff Degenfelt den daß
dick-sein her? Alles, waß ich in seiner famille gekandt, war ja
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nicht fett, herr Max war es nicht, Ewer fraw mutter auch [nicht],
noch der oberste Degenfelt; herr Ferdinant undt freüllen Charlot[te]
wahren fett. Die Wolmersheüßerin solle doch auch fett geworden
sein, wie man mir gesagt hatt. Ambrassirt Ewer kleine niepce,
mein patgen, von meinetwegen vor ihr englisch compliment! Ihr
werdet Eüch verwundern, wie baldt sie Teütsch wirdt lehren
[17]. Habt
nur acht, liebe Louise, daß sie ihr Englisch nicht vergist! Es ist
ein gutt zeichen vor kinder ihren verstandt, wen sie, wie Ewer
kleine niepce, lebhaft sein. Es ist loblich ahn vatter undt mutter,
daß sie sie woll erziehen müßen. Ey, liebe Louise, waß ist diß
vor ein albers compliment, so Ihr mir macht, liebe Louise, daß Ihr
mir eine große entschuldigung daher setzt, daß Ihr mir von die
Ewerigen sprecht! Interessire ich mich den mehr vor der graffin
Berlips, alß vor Eüch, liebe Louise? Daß kompt schön herauß.
Macht mir nicht mehr dergleichen poßen, wen Ihr nicht wolt, daß
ich auff gutt pfältzisch braff kendern solle! Ich kan nicht glauben,
daß Churpfaltz so eine große thorheit begehen solte, wie der könig
in Denemarck gethan. Der konig in Denemarck, unter unß gerett,
ist der alberste undt sotteste mensch, den ich mein leben gesehen
[18],
undt man sagt, Churpfaltz habe verstandt. Ihr dörfft nicht
fürchten, daß ich Eüch händel ahnmachen werde, daß ist mein stiehl gar
nicht. Es ist doch heßlich ahn Churpfaltz, Eüch nie zu zahlen.
Unßer printzes von Wallis hatt mir deß cronprintzen von
Denemarcks
[19] beylager bericht mitt allen umbstandten; es muß sich sehr
bey dießem herrn vattern. Ich halte dießen heüraht [für] ein recht
stück von der providentz, weillen dieße cullenbachische famille so
bitter arm ist. Ich wolte lieber mar[s]chalck ahn einen hoff sein,
alß der damen hoffmeister; finde diß, wie man hir sagt, daß dießer
mar[s]chalk d’evesque meunie
[20] geworden ist. Unßer printzes Anne ist
wider gar kranck geweßen, aber nun ist alles, gott lob, wider
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recht woll, ich will sagen I. L. undt ihr zwey fraw schwestern.
Man stirbt, wie man gelebt hatt; der könig in Pol[e]n
[21] hatt all
sein leben die despence undt divertissementen geliebt, daß wirdt
er vor seinen todt nicht endern. Ich aber verbl[e]ibe allezeit auch,
wie ich gelebt, undt behalte Eüch von hertzen lieb.