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Brief vom 1. Januar 1693

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Kurfürstin Sophie von Hannover


157.


[173]
Versaille den 1. Januari 1693.
Gestern ehe ich von Paris weg zog, schickte mir die contesse de Beuveron[1] ein brieff, so ihr mons. de Balati geschrieben, worauß ich sehe, daß die investiture vom Churfürstenthum einmahl zum endt ist[2] (en depit du pape et des barberins, wie mons. de Crequi alß pflegte zu sagen), worüber ich denn E. L. hiemitt meine freüde bezeüge undt demütigst bitte, mein compliment auch hirüber ahn oncle zu machen. Wir fangen dieß jahr woll an; Gott gebe, daß es immer so durch erfolgen möge … Vor etlichen tagen habe ich E. L. gnädiges schreiben vom 16. Dec. von Berlin entpfangen. Ich bin recht von hertzen fro, daß mein hertzlieb matante nun ein wenig vergnügen hatt. Was mir E. L. sagen, daß man ihnen so einen schönen [174] einzug gethan, das hatt mich recht erfreüet, denn das ist ja noch recht teütsch. Ich habe Monsieur alle die magnifissence verzehlt vom Berlinischen hoff; I. L. wurden all serieux bey meinem verzehlen undt, unter unß geredt, ich glaube, es lieff ein wenig envie mitt untter, daß der Churfürst von Brandenbourg magnifiquer ist, alß er. I. L. der Churprintz[3] muß ein gutt gedechtnuß haben, daß er E. L. noch gekent hatt. Ich glaube, daß E. L. doch fro werden geweßen sein, dießen kleinen enckel zu sehen, undt der gutten fraw von Harling wirdt es auch woll eine freüde gewest sein, ihren lieben Churprintz wider zu sehen. Es wirdt ihm woll sein leben woll bekommen, daß er von deren handt seine erste zucht entpfangen, denn alle die, so die gutte fraw von Harling erzogen hatt, seindt nicht delicat. Braunen kohl ist ein gutt undt gesundt eßen; könte man es hir zurichten, würde ich offt davon eßen[4]. … Bitte, bey I. L. dem Churfürsten von Brandenbourg demütigst meine dancksagung vor sein compliment zu sagen, … denn wie mein hertzlieb matante woll bewust ist, so meint es Lisselotte gutt, kan aber gar kein complimenten machen, undt wie ich mein leben geweßen, so bin ich noch, Franckreich hatt mich nicht polirt, ich bin zu spät ’neinkommen. E. L. berichten mich doch, wie ich die überschrifft endern soll undt wie man E. L. heißen wirdt, ob Churfürstin von Hannover, von Braunswig oder von Luneburg? …
P. S. Ich kan nicht laßen, E. L. ein schön dialogue zu verzehlen, so Monsieur undt ich vergangen gehalten: ich wolte, daß dießes E. L. so von hertzen könte lachen machen, alß meine 2 kinder. Wir waren alle 4 abendts allein hir im cabinet nach dem nachteßen, nehmblich Monsieur, ich, mein sohn undt mein tochter. Monsieur, so unß eben nicht vor eine gutte compagnie genung hilte, mitt unß zu reden, ließ nach langem stilschweigen einen großen lautten furtz met verlöff met verlöff, trehte sich zu mir undt sagte: quetce[5] que cela, Madame? Ich threhte den hintern zu ihm, [175] ließ einen streichen in selbigem thon undt sagte: c’est cela, Monsieur. Mein sohn sagte: s’il ne tient que cela j’en ay auttant d’envie que Monsieur et Madame, undt ließ auch einen braffen gehen. Damitt fingen wir alle ahn zu lachen undt gingen alle auß dem cabinet herauß. Das seindt fürstliche conversationen, wie E. L. sehen, undt solte man curieux sein noch, meine brieffe auffzubrechen, so offrire ich zum neüen jahr dem, so der erste dießen brieff vor E. L. auffbrechen undt lesen solte, dießen weyrauch.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 1. Januar 1693 von Elisabeth Charlotte an Sophie von Hannover
in: Briefe der Herzogin …, Hg. E. Bodemann, Band 1 (1891), S. 173–175
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d07b0157.html
Änderungsstand:
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